1. Eine Kārikā - was ist das?
2. Die Kārikā
3. Anmerkungen

Der Dhamma in Kārikās
Hans Wolfgang Schumann.
Herausgeber
Theravadanetzwerk der DBU
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Der Dhamma in Kārikās
1. Eine Kārikā - was ist das?
Schon unsere Mütter haben - ohne das indische Wort zu kennen - uns Kinder durch Kārikās erzogen, zum Beispiel wenn sie uns einschärften:

Messer, Gabel, Schere, Licht
sind für kleine Kinder nicht.

Als Kārikā bezeichnet man im Sanskrit Merksprüche, die einen Sachverhalt oder eine Regel knapp formulieren, damit sie sich dem Gedächtnis einprägen. Auch Sammlungen von solchen Merksprüchen werden als Kārikā bezeichnet. Indien kennt Kārikā -Kompendien zur Grammatik, zu den Wissenschaften und zur Philosophie.

Die berühmtesten buddhistischen Kārikās schrieb der indische Mahāyāna-Philosoph Nāgārjuna (2. Jh. nach Chr.). Sein "Lehrbuch der Mittleren Lehre" (Madhyamaka-śāstra), das aus 448 Kārikās besteht und als literarisches Werk auch "Die Kārikā der Mittleren Lehre" (Madhyamaka-kārikā) genannt wird, ist an vielen Stellen derart mit Sinn befrachtet, daß es der Erläuterung bedarf; Nāgārjuna hat deshalb sein eigenes Buch mit einem Kommentar versehen. Mehrfach ist Nāgārjunas Werk unterbrochen durch Einwände philosophischer Opponenten - die dann im weiteren Text widerlegt werden.

Da die Form der Kārikā in der buddhistischen Welt, anerkannt ist - warum sollte man nicht versuchen, buddhistische Kārikās in deutscher Sprache zu formulieren? Die im Folgenden gewählte Form ist der vierfüßige Jambus, d.h. eine unbetonte und eine betonte Silbe (= Jambus) viermal in einer Zeile. Die Form zwingt zu pointierter Kürze, hat aber, wie jedes andere Versmaß auch, den Nachteil, daß manche Ausdrücke infolge ihrer Wortrhythmik nicht verwendbar sind, z.B. ist das Wort "Wiedergeburt" im jambischen Versmaß nicht unterzubringen. Die Endreime, im Altindtschen unüblich, erleichtern im Deutschen das Auswendiglernen.

Vielleicht helfen deutsche Kārikās dem einen oder anderen Leser, mehrfach verzahnte Sachzusammenhänge der Buddhalehre deutlicher zu erkennen.

2. Die Kārikās
Siddhatthas(1) Bodhi(2) war Erweckung
zur Buddhaschaft - und Lehr-Entdeckung.

Was in der Bodhi ihm ward klar,
der Buddha legt's im Dhamma(3) dar.

Der Sangha(4) hat es kompiliert,
des Buddha Wort, und uns tradiert.

Das Rad der Lehre(5) rollt seit wahren
zweitausend und fünfhundert Jahren.

Erlösung ist des Buddha Thema,
er lehrt sie uns im Viererschema.(6)

Die erste Wahrheit sagt: Das Leiden(7)
kann kein Geborener vermeiden.

Alter, Tod und Wiederwerden
sind jeden Wesens Los auf Erden.(8)

Von all den Toden, die wir litten,
läßt sich ein Knochenberg aufschütten.(9)

Wo die fünf Khandhas(10) sich verbinden,
da glaubt der Mensch, ein Ich zu finden.

Das Wörtchen "ich" ist sprachlich praktisch,(11)
jedoch gibt es ein Ich nicht faktisch.

Gäb's eine Seele,(12) die unendlich,
wär ew'ges Leiden unabwendlich.(13)

Auch nicht die Wiederdaseinslehre
erzwingt, daß da ein Attan wäre.

Das Wiederwerden setzt durchaus
den Seelenglauben nicht voraus.

Hinduistischer Einwand
Der Ātman, der niemals vergeht,
er garantiert Identität.(14)

Wenn's keinen Ātman gäb, wär dann
die Neugeburt derselbe Mann?

Wär die Geborene genau
identisch mit der toten Frau?

Erntet die Karmafrüchte später
ein andrer als der einst'ge Täter?

Buddhistische Antwort
Nichts im Samsāra(15) ist konstant,
ein ew'ger Attan unbekannt.

Kein Seelenfaden zieht sich über
den Tod zur Neugeburt hinüber.

Die Neugeburt: kein Seelenwandrer,
jedoch auch nicht ein völlig andrer.(16)

Mensch, Tiere und die Welt geschehen(17)
im Werden, Tod und Neuerstehen.

Dasein ist Fließen immerfort
zu neuer Form, zu neuem Ort.

Das Leben lebt aus der Dynamik
und folgt Gesetzen der Mechanik.

"Wenn dieses ist, tritt jenes auf"(18) –
das Dasein folgt kausalem Lauf.

Sind die Bedingungen(19) gegeben,
zwanghaft erwächst dann neues Leben.

Bedingt(20) ist im Samsāra alles,
und drum auch Objekt des Zerfalles.

Im Kreislauf der Geburt sind Tode
eine zuwidre Episode.(21)

Und von den Freuden(22) zeigt der Lehrer:
Sie wiegen leicht, das Leben schwerer.

Tilakkhaņa(23) sind die drei Viren,
die den Samsāra definieren.

Nur Leute, deren Einsicht(24) klein,
erhoffen sich ein Wiedersein.

Des Buddha zweite Wahrheit sagt
warum ans Leid wir festgehakt.

Drei Kräfte sind's, die uns verführen
hier im Samsāra zu rotieren.

Gier, Haß und Wahn sind die Gewalten,
die uns ans Leid gefesselt halten.

Des Kamma Qualität bestimmt
den Kurs, den unsre Zukunft(25) nimmt.

Die Kammareifung ist das Band,
macht Täter mit der Frucht verwandt.(26)

Jedoch wächst Kammafrucht mitnichten
aus Taten, sondern Tatabsichten.(27)

Die Tatmotive sind Bestimmer
der Zukunft: Besser oder schlimmer.

Was wir mit guter Absicht wirken
führt uns zu höheren Bezirken.

Dagegen zieh'n Gier, Haß und Wahn
nach unten auf der Daseinsbahn.

Fünf Gatis(28) bieten sich uns dar,
Geburt als Mensch ist gut - doch rar.

Des Buddha Wahrheit Nummer drei
ist Folgerung aus Nummer zwei:

Gier, Haß und Wahn sind zu beenden,
um Wiederdasein abzuwenden.

Wer sich erlösen will, braucht Kraft
und Disziplin, damit er' s schafft.

Zudem ist auch Geduld(29) vonnöten,
will man die Āsavas(30) ertöten.

Als sicher gilt, daß irgendwann
jedweder Mensch es schaffen kann.

Des Buddha vierte Wahrheit dann
gibt uns den Weg zur Freiheit(31) an.

Es ist und bleibt ganz obligat
der edle achtgliedrige Pfad.

Erlösung schafft man nur alleine,(32)
Abkürzungswege gibt es keine.

Dreifach nimmt Zuflucht(33) der Petent,
wenn er zum Dhamma sich bekennt.

Saddhā,(34) so nennt man das Vertrauen,
daß man auf Buddhas Wort kann bauen.

Das Citta(35) gilt's zu kontrollieren,
daß Reize uns nicht irritieren.

Upekkhā(36) ist ein Gegengift
wenn uns ein schweres Unglück trifft.

Die Lebensführung gilt als gut,
die andren keinen Schaden tut.(37)

Friedfertigkeit beendet Streit
und führt zur Minderung von Leid.(38)

Mit Mettā(39) alle Welt umfassen,
doch sich von ihr nicht binden lassen.

Üb Achtsamkeit(40) in allen Lagen,
sowohl beim Tun wie beim Ertragen.

Samādhi(41) man so weit nur treibt
als Achtsamkeit erhalten bleibt.

Ein Arahat(42) ist man geworden,
wenn Gier und Haß und Wahn erstorben.

Ein Heil'ger wird man durch Erklärer,
ein Buddha ist sich selber Lehrer.(43)

Parinibbānan'(44) wird festgestellt,
wenn des Erlösten Leib zerfällt.


3. Anmerkungen
1) Der Vorname des Buddha in Pāli-Sprache. Der volle Name lautet, Siddhattha Gotama (Skt. Siddhārtha Gautama). Die Familie gehörte zum Stammesverband der Sakya (Skt. Śākya) und lebte im heutigen Grenzgebiet zwischen Indien und Nepāl.
Siddhattha wurde zum Buddha im Alter von 35 Jahren. Wenn von ihm die Rede ist vor der Erleuchtung, kann er noch nicht als der Buddha, sondern muß mit dem Namen bezeichnet werden.

2) Bodhi = Erwachung oder Erleuchtung. Ihre Wirkung auf Siddhattha war dreifach: Sie machte ihn zu einem Buddha, befreite ihn von Gier, Haß und Unwissenheit, d.h. von zukünftiger Wiedergeburt, und ließ ihn die Gesetzlichkeit der Welt erkennen, die er dann als Dhamma, Lehre, darlegte.

3) Das Wort dhamma (Skt. dharma) bezeichnet die Mechanik von Ursache und Wirkung, nach der die Wiedergeburt sich vollzieht, sodann die Darlegung dieser Weltmechanik als buddhistische Lehre und in Worte gefaßte Wahrheit.

4) Sangha = Mönchsorden. Das erste Konzil zur Zusammenstellung der Lehrreden (sutta) des Buddha fand wenige Monate nach dem Tode des Meisters statt - in Rājagaha (Skt. Rājagŗha), der Hauptstadt des altindischen Königreichs Magadha. Der beim Konzil kompilierte Textkanon wurde mündlich weitergegeben, bis er im 1.Jh.vor Chr. auf der Insel Lankā (Ceylon) in der Pāli-Sprache niedergeschrieben wurde. Der Pāli-Kanon ist bis in die Gegenwart überliefert.

5) Das Sprachbild "Rad der Lehre" stammt vom Buddha selbst (M 26, 25). Das Rad ist das Symbol des Buddhismus - wie im Christentum das Kreuz. Zumeist hat es acht Speichen.

6) In den Vier Hohen Wahrheiten: vom Leiden, vom Leidensursprung, von der Leidensaufhebung und dem Wege zur Leidensaufhebung.

7) dukkha. Der Begriff umfaßt alle Arten von negativen Gefühlen, seien sie physischen oder psychischen Ursprungs. Der Buddha subsumiert unter "Leiden" alle Unannehmlichkeiten, die aus dem Zeitablauf (=Vergänglichkeit) und aus dem Raum (=Trennung) hervorgehen. Belegtext S 56, 11.

8) Alle indischen Denksysteme sehen das Leben und die Wiedergeburt als leidhaft an und erstreben die Erlösung aus dem Wiedergeburtenkreislauf als höchstes Ziel.

9) Belegtext S 15, 10, 4 = Itiv 24

10) Die fünf Khandhas, "Gruppen", die in Kombination die empirische Person darstellen, sind Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistesregungen und Bewußtsein. Weder die einzelnen Khandhas noch ihre Gesamtheit haben oder sind ein substanzielles Ich, d.h. etwas Dauerhaftes, das man als Seele bezeichnen könnte. Belegtext S 22, 20.

11) Wir benutzen das Wort "ich", wenn wir von uns selber sprechen. Ein reales und dauerhaftes Ich im Sinne von Seele ist jedoch nicht existent.

12) Seele = Pāli: attan, Skt. ātman. Im Folgenden werden beide Sprachformen verwendet, je nachdem ob der Buddhist oder der Hindu spricht.

13) Der Buddha kannte die Lehre der Upanişaden von einer als ewig gedachten Seele (Skt. ātman) aus seiner Schülerschaft bei Uddaka Rāmaputta und verwarf sie als falsch. Seine eigene Lehre betont, daß eine ewige Seele nicht existiert; er benutzt zum Ausdruck dessen das Pāli-Wort anatta (Skt. anātman), "ohne Seele". Nur durch die Nichtexistenz einer (ewigen), Seele ist Erlösung möglich, denn ein Ewiges wäre gerade durch seine Ewigkeit an ein Dasein ohne Ende gebunden. Ein Dasein aber kann niemals leidfrei sein.

14) Der Buddha lehrt – wie weiter unten ausgeführt wird – Wiedergeburt ohne Seele. Der Hindu wendet dagegen ein, daß es ohne eine (ewige) Seele und deren Wanderung von dem Sterbenden zur Wiedergeburtsperson keine Identität zwischen der Vor- und der Nach-Existenz gebe und daß ohne Seelenidentität keine Kammagerechtigkeit gewahrt sei.

15) Samsāra = das Herumlaufen von Wiedergeburt zu Wiedergeburt, der samsārische Kreislauf.

16) Der Wiedergeborene ist mit dem Verstorbenen nicht voll identisch (weil ein Seelenband fehlt), er ist aber auch kein völlig anderer (da er ja durch das Kamma des Verstorbenen bedingt ist). Die Wahrheit liegt in der Mitte dazwischen: in der Kausalität. Belegtext S 12, 17, 14-15.

17) Lebewesen und die Dinge der Welt haben kein beharrendes Sein, sondern existieren im fluktuierenden Anderswerden. Dieses Fließen unpersönlicher Faktoren stellt das Leben dar. Der Tod ist in der Kette der Wiedergeburten nicht das Ende, sondern nur eine Station, hinter der eine - durch das alte Kamma bestimmte - neue Daseinsform beginnt.

18) Belegtext Ud 1, 3; M 115, 11.

19) Die vorangegangene Kārikā sprach von Kausalität. Diese Kārikā präzisiert, daß es sich beim Vorgang der Wiedergeburt weniger um monokausale Verursachung (hetu) handelt als um Polykonditionalität, bei der mehrere Voraussetzungen oder Bedingungen (paccaya, nidāna) die Wirkung erzeugen. Zwanghaft erwächst das neue Leben, weil beim Vorhandensein alten Kammas die Wiedergeburt als Reifung dieses Kamma unausweichlich ist. Der Vorgang des Bedingten Entstehens (paţiccasamuppāda) wird erklärt in M 38, 19.

20) Bedingt, (sankhata) ist alles, was kammisch aus Tatabsichten (sankhāra in Bedeutung 2) hervorgeht, d.h. die aus den fünf Khandhas bestehende empirische Person (sankhāra in Bedeutung 3) wie auch sekundär die (im Geist des Betrachters) gespiegelte Welt. Alle bedingten Dinge unterliegen der Vergänglichkeit. Belegtext Dhp 277.

21) Von den vielen Stationen des Herumirrens im Samsāra wird der immer wiederkehrende Tod als besonders erschreckend angesehen. Nur der Zustand der Erlöstheit im Verlöschen (nibbāna) ist ohne Tod – er ist todlos (amata). Belegtext M 26, 13.

22) Freuden werden vom Buddha nicht bestritten, sie sind jedoch kurzlebig und hinterlassen bei ihrem Schwinden Leid. Gäbe es keine Freuden, wäre der Samsāra nicht einmal für schlichte Geister verlockend. Belegtext S 22, 60, 4-16.

23) Die drei Kennzeichen (lakkhaņa) des Samsāra sind Vergänglichkeit, Leiden und das Fehlen einer (ewigen) Seele (anatta). Vergänglichkeit und Leiden sind die Krankheitserreger, durch deren Vorhandensein sich der leidhafte Wiedergeburtenkreislauf (samsāra) von der Erlösung (nibbāna) unterscheidet. Belegtext A 3, 137.

24) Mangel an Einsicht (paññā) in die Leidhaftigkeit der Wiedergeburt – anders ausgedrückt: Wahn (moha) oder Unwissenheit (avijjā) – ist eine der drei Triebkräfte des Geburtenkreislaufs.

25) Die Taten (kamma) bestimmen durch ihre eigene ethische Qualität die Qualität der wiedergeburtlichen Daseinsform. "Der Körper ist alte Tat" erklärt der Buddha (in S 12, 37).

26) Das Kammagesetz, das aus jedem Tun (kamma), genauer: aus jeder Tatabsicht (sankhāra, cetanā), unausweichlich die wiedergeburtlichen Folgen in Form einer Wiedergeburt hervorgehen läßt, ist im Buddhismus das Kausalband. Die Wiedergeburt bedarf keiner unsterblichen Seele (attan, ātman) als Identitätsträger.

27) Nicht die Taten (kamma) an sich bestimmen die wiedergeburtliche Zukunft des Menschen, sondern die den Taten vorausgehenden Tatabsichten (sankhāra oder cetanā), die Tatmotive. Auch eine beabsichtigte, aber dann durch äußere Verhinderung nicht zur Ausführung gekommene Tat schafft kammische Frucht (kammaphala).
Die Erlösung von der Wiedergeburt erfordert, keine (samsārisch bindenden) Tatabsichten zu hegen. Belegtext Dhp 154, Snip 731.

28) Gati = Daseinsbereich. Die fünf Daseinsbereiche, in denen man je nach der Qualität der Tatabsichten wiedergeboren werden kann, sind: Himmelswelt, Menschenwelt, Welt der Totengeister, Tierwelt und Hölle. Auch die Wiedergeburt im Himmel ist keine Erlösung, da auch die Götter der Wiedergeburt unterworfen sind. Belegtext M 12, 35. Die Wiedergeburt in der Menschenwelt gilt als schwer zu erlangen, ist aber trotz ihrer Leidhaftigkeit die günstigste, da Menschen am ehesten der Lehre des Buddha begegnen können. Belegtext A 1, 33, Dhp 182.

29) Geduld (khanti) ist erforderlich, da zur Verwirklichung der Erlösung je nach der abzutragenden Kammalast mehrere oder viele Wiedergeburten erforderlich sein können. Belegtext Dhp 184.

30) Die Asāvas, wtl. Einfließungen, sind Gier, Haß und Wahn (= Verblendung).

31) Zur Freiheit von Wiedergeburt und Leiden.

32) Die Aufhebung von Gier, Haß und Wahn (= Verblendung, Unwissenheit, Verbohrtheit) kann jeder nur in sich selbst verwirklichen. Erlösungshilfe von außen, ausgenommen durch Belehrung über den Dhamma, gilt im Frühbuddhismus als ausgeschlossen.

33) Dreifache Zuflucht nimmt der angehende Buddhajünger zum Buddha, zur Lehre und zur Bekennergemeinde. Die Zufluchtformel muß vor Zeugen dreimal gesprochen werden.

34) Saddhā = gläubiges Vertrauen. Saddhā ist das Vorschußvertrauen, das der Heilssucher dem Buddha entgegenbringen muß, um sich auf dessen Wegweisung einzulassen.

35) Citta = Geist, Denken. Wichtig ist die Bewachung der Sinnestore, die verhindert, daß aus Wahrnehmungen Affekte entstehen. Belegtext D 2, 64.

36) Upekkhā = Gleichmut. Er ist nicht angebracht gegenüber dem Leid der anderen, denen Mitgefühl (karuņā, anukampā) ge1ten sollte. Gegenüber eigenem Leid aber ist Gleichmut eine gute Wappnung.

37) Belegtext Dhp 183.

38) Belegtext Dhp 3-5.

39) Mettā = (affektfreie)Güte, d.h. Wohlwollen zu allen Wesen, auch zu Tieren. Die mettā darf nicht zu innerer Bindung werden. Belegtext Itiv 27, Snip 143-152.

40) Achtsamkeit = sati. Das Wort bezeichnet auch Besonnenheit, Vollbewußtheit, Wachheit und Klarheit des Geistes.

41) Samādhi = Meditation, geistige Sammlung. Der Pāli-Kanon nennt mehrere Tiefenstufen (jhāna) der Meditation. Bei den oberen vier Stufen bleibt die Bewußtheit = Achtsamkeit des Meditierers wach, auf den weiteren Tiefenstufen sinkt er in yogische Trance ab. Zur Erreichung der Buddhaschaft reichen die vier Wachheitsstufen aus (M 36, 34-37). Sie bestehen in Einspitzigkeit des Geistes (M 44, 12).

42) Arahat = Heiliger, der das Nibbāna verwirklicht hat. Zur Arahatschaft gelangt man durch Belehrung über die Lehre und Aufhebung von Gier, Haß und Unwissenheit. Ein Buddha ist jemand, der die Lehre selbst erkannt und verwirklicht hat.

43) Das buddhistische Heilsziel Nibbāna (Skt. nirvāņa), das Verlöschen, hat zwei Phasen. Die erste Phase, die Erlösung zu Lebzeiten, wird erreicht, sobald Gier, Haß und Unwissenheit bei dem Heilssucher verloschen sind und ihm keine Wiedergeburt mehr droht. Die zweite Phase, das "Rundum-Verlöschen" (parinibbāna,) tritt ein, wenn auch die letzten Kammaauswirkungen (kammavipāka) abgegolten sind und die Khandhas, die seine Person ausmachten, zerfallen: Wenn der Erlöste stirbt.

Abkürzungen
A Anguttara-nikāya
D Dīgha-nikāya
Dhp Dhammapada
Itiv Itivuttaka
M Majjhima-nikāya
S Samyutta-nikāya
Skt. Sanskrit
Snip Suttanipāta
Ud Udāna